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GEMEINSAM für Fairness, Respekt und Toleranz

Bericht eines Stasi-Häftlings in der DDR in der Staatliche Realschule Gräfenberg (9. Januar 2014)

Was weiß die heutige Jugend von der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)? Was wissen die sog. Westler von den damaligen Verhältnissen im andern Teil Deutschlands? Es ist besorgniserregend festzustellen, dass mittlerweile die DDR nostalgisch schön geredet und vieles verharmlost wird.

Der Autor Karl-Heinz Richter kann aus eigener Erfahrung von der Realität in der DDR hautnah und überzeugend berichten. Schon als Jugendlicher lehnte er sich gegen die SED-Diktatur auf und wollte sich den Zwängen der Diktatur nicht beugen. Er wollte frei sein und sein Leben selbst bestimmen. In seinen Büchern schilderte er als DDR-Zeitzeuge sehr ausführlich über seinen Fluchtversuch, seine Verhaftung und seine Strafe im Stasi-Gefängnis Berlin-Pankow. Als Fluchthelfer gelang es ihm, viele seiner Freunde nach West-Berlin zu schleusen. Gelegenheiten zur Flucht ergaben sich am Bahnhof Berlin-Friedrichsfelde, der letzten Station vor der Grenze. Aus einem Versteck heraus sprangen sie alleine oder zu zweit auf den anfahrenden Zug nach Westen. Bei seinem Versuch stolperte er und schaffte es nicht auf den Zug von Ost- nach West-Berlin zu gelangen. Beim Verlassen des Verstecks sprang er, um nicht von den Grenzposten erwischt zu werden, eine Mauer hinunter und brach sich die beiden Beine und den rechten Arm. Danach fing sein Martyrium an. Verhöre, Stasi-Gefängnis, keine Behandlung seiner Verletzungen, immer wieder Verhöre und gezielte Ausübung psychischen Drucks auf seine Frau und seine Tochter mit dem Ergebnis, dass mittlerweile seine Frau in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung lebt. Seit 14 Jahren hat er keinen Kontakt zu seiner Tochter mehr – eine späte Auswirkung des psychischen Drucks der SED-Funktionäre auf das damalige Kleinkind.

Lange brauchte er, um die schreckliche Zeit aufzuarbeiten. Er lebte vielfach im Ausland und hat durch das Schreiben über sein Leben in der DDR wieder zu sich gefunden. Seit 2008 führt er Besuchergruppen durch das damalige Stasi-Gefängnis, das heute als Gedenkstätte Hohenschönhausen den Ruf eines Orts des Schreckens nicht zu unrecht hat.

Am Vormittag informierte er in verschiedenen Klassen über seine schlimmen Erlebnisse in der DDR und stellte sich den Fragen der Jugendlichen. In der Abendveranstaltung in der Aula der Realschule diskutierte er mit interessierten Erwachsenen über seinen Leidensweg und beschwor die Zuhörer wachsam zu sein, wenn in irgendeiner Form die Rechtsstaatlichkeit eingeschränkt werden soll.

Die Veranstaltung mit Karl-Heinz Richter wurde vom Gräfenberger Sportbündnis unterstützt.


Ehemaliges Stasi-Gefängnis, heute Gedenkstätte Hohenschönhausen

 


Ehemaliges Stasi-Gefängnis, heute Gedenkstätte Hohenschönhausen

 


Blick in die Zellenflucht

Fotos: privat

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